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23. Lernzirkel Judentum: Kommt Sommer, kommt Spaenle

Lautes Poltern auf den Treppen, hier und da eine gerufene Ermahnung und gelegentlich auch ein erleichtertes Seufzen – so klingt es, wen in der Synagoge in Ichenhausen während des Lernzirkels Judentum der Gruppenwechsel abläuft. Guides und Grundschüler setzen ihren Weg von Station zu Station fort, die Neuntklässler bereiten sich auf einen neuen Schwung junger Zuhörer vor und Mitglieder der Technikgruppe kontrollieren, dass nirgendwo Schwierigkeiten aufgetreten sind. Trubel, ein nicht länger genutztes Gotteshaus und nirgendwo ein Klassenzimmer – Schule mal so ganz anders als sonst.

Auch dieses Jahr hat das bereits mit der Silberdistel ausgezeichnete Projekt unter Leitung von Dr. Michael Salbaum trotz Corona und trotz einiger Umstellungen und bürokratischer Widrigkeiten erfolgreich stattgefunden. Unter normalen Umständen wird der Lernzirkel während der Woche der Brüderlichkeit im März abgehalten, doch diesmal musste das Projekt in den Sommer verlegt werden und die üblichen fünf Tage wurden zur Entzerrung auf sieben ausgeweitet.

Dennoch hat diese Tatsache das Interesse nicht abgeschwächt und so haben in diesem Jahr 29 Grundschulen aus dem gesamten Landkreis (und darüber hinaus) wieder mit Begeisterung am Lernzirkel teilgenommen, den die Neuntklässler über einen Zeitraum von sieben Wochen selbst vorbereitet haben. Eine nicht zu unterschätzende Leistung, da nicht nur Vorträge und Arbeitsblätter entworfen werden mussten, sondern auch organisatorische Dinge geregelt wurden und die Schüler auch in Eigenverantwortung in ihren Teil zum großen Ganzen beigetragen haben.

Während der sieben Tage Lernzirkel in den letzten beiden Schulwochen mussten sich die Neuntklässler dann zur Abwechslung mal selbst in die Rolle des Lehrers versetzen und konnten zweifelsohne feststellen, dass es sicher kein Zuckerschlecken ist, Wissen auf einprägsame Art zu vermitteln. Manch eine(r) sieht diesen Beruf nun vielleicht mit etwas anderen Augen und ist sicher, dass Lehrer absolut keine Option ist, andere haben bereits verlauten lassen, dass sie es sich durchaus vorstellen können.

Während die einen mit den Grundschülern ringen und ihnen auf kreative Art etwas über das Judentum vermitteln – ein gewisses Kahoot-Quiz hat den Verbrauch von Belohnungs-Gummibärchen deutlich in die Höhe getrieben – arbeiten die anderen hinter den Kulissen für einen reibungslosen Ablauf. Das Technikteam, das auch für den Auf- und Abbau der Stationen verantwortlich ist, musste ebenso sicherstellen, dass jeden Tag ausreichend Berches (ein jüdischer Hefezopf) zur Verfügung stand, dass hungrige Neuntklässler in der Pause ihre Brotzeit bekamen und dass niemand ohne Namensschild durch die Synagoge marschieren konnte. Ob Grundschüler ohne Schreibzeug, zerbrochene Flaschen oder sonstige Schwierigkeiten – alles haben die Mitglieder der Technik rasch geregelt bekommen.
Teil des Teams waren unter anderem auch Eylül und Sercan, die nicht nur viel Spaß an ihrer Aufgabe hatten und diese vorbildlich erfüllt haben, sondern die auch die Wichtigkeit des Lernzirkels betonen. Immerhin werden nicht nur den jüngeren Kindern Aspekte des Judentums nähergebracht, auch die Neuntklässler müssen sich zuvor intensiv mit dieser Religion und Kultur auseinandersetzen.

Daher war der Lernzirkel dieses Jahr nicht nur gut besucht von den über 1100 Grundschülern, auch einige Gäste kamen, um sich das Projekt einmal aus der Nähe anzusehen. Von ehemaligen Dossenberger-Schülern, die nochmal vorbeischauen wollten, über eine Lehrerin auf Fortbildung und den Leiter der Gymnasialabteilung der Diözese Augsburg bis hin zum bayerischen Antisemitismus-Beauftragten Ludwig Spaenle, der extra dafür angereist ist. Verdiente Anerkennung für den Lernzirkel Judentum, der dieses Jahr in die 23. Runde gegangen ist und der ein deutschlandweit einzigartiges Projekt darstellt.

Auch im nächsten Jahr soll der Lernzirkel wieder stattfinden und so wird die Dossenberger‘sche Unternehmung von Jahrgang zu Jahrgang weitergereicht. Doch für dieses Schuljahr ist der Lernzirkel nun einmal abgehakt und während die Grundschüler zuhause stolz ihre Gutscheine und Arbeitsblätter vorzeigen, können sich die Neuntklässler auf die Ferien freuen, die sie sich nach diesen sieben Tagen auch redlich verdient haben.


Katharina Salbaum, ehemalige Schülerin